Gewinnerinnentext zum Anhören; gelesen von Veronika Schneider:
Gewähltes Bild: Landecker Häuser (1870er-Jahre)
Das Gedicht „Wenn die Fassad oubröcklt“ zum Bild „Landecker Häuser“ von Franz von Defregger fühlt sich ein in das Bild und die Zeit. Von den Blumen vor dem Fenster, der „brenneten Liab“, über die undichten Fensterrahmen, die abblätternde Fassade und den armseligen Holzvorrat vor dem Haus schweifen die Gedanken zum kalten Winter – und weiter zum nächsten Frühjahr, in dem die Blumen vor dem Fenster ja doch wieder blühen werden. So erzählt das Gedicht vom beschwerlichen Leben, aber auch vom Gottvertrauen früherer Zeiten, wird im genauen Hinsehen und Beschreiben das Bild zum Leben erweckt. Und die Betrachter*innen wie die Leser*innen werden aufgefordert, hinter die Fassade einer – gerade auch im Zusammenhang mit Defregger – gerne beschönigten Vergangenheit zu blicken. Der Hattinger Dialekt fügt sich wunderbar zum beschriebenen Bild, die formale Stringenz wird mit dem Blühen der Blumen in der ersten und letzten Zeile des Gedichts noch unterstrichen – eine inhaltlich wie formal überzeugende Deutung des Defregger’schen Bildes.