Monika Proxaufs Webbild „Herbst“ (1987) ist eines von 18 textilen Kunstwerken, die das Ferdinandeum aktuell in der Ausstellung „Da beißt die Maus keinen Faden ab“ zeigt. Die Werke stammen überwiegend von weiblichen Kunstschaffenden. Auf den ersten Blick strahlen sie eine gewisse Vertrautheit aus, viele wirken zart und zurückhaltend. Doch wer sie näher betrachtet, kann darin Züge des Aufbegehrens entdecken, eine sanfte Rebellion. Wohl kaum eine andere Arbeit könnte diese Atmosphäre besser repräsentieren als Monika Proxaufs Werk „Herbst“. Warum, klärt sich im Gespräch mit ihren Töchtern Barbara Parth und Katja Prei-Proxauf.
Wie alles begann
Monika Proxauf wurde 1944 als Tochter einer Arbeiterfamilie in Seefeld geboren. Mit 14 Jahren ging sie bei der Firma Seidensticker in Innsbruck als Herrenhemdschneiderin in die Lehre. Später war Monika als Näherin in einer Textilfabrik in Vorarlberg tätig, bevor sie ab 1964 traditionsgemäß ihre Rolle als Ehefrau und Mutter aufnahm. Monikas Mann Heinz führte einen eigenen Getränkehandel, sie war für die Buchhaltung verantwortlich, kümmerte sich um den Haushalt und die drei Kinder. 1975 zog die Familie von Innsbruck nach Brixlegg. Im neuen Zuhause der Proxaufs waren die Böden aus kaltem Marmor und brauchten Teppiche. Und Monika begann zu weben.
Freigeist
„Mama begann nach Vorlage zu knüpfen. Das hielt sie zwei Teppiche und 5 mal 1,40 Meter lang durch. Dann war ihr Bedürfnis, ihre inneren Bilder zu zeigen, nicht mehr zu bremsen“, erinnert sich Katja Prei-Proxauf. In den folgenden Jahren bildete sich Monika von Österreich über Deutschland und Italien bis nach Südfrankreich in Kursen zum Weben sowie zum Spinnen und Färben der Wolle weiter. Der Webstuhl und die Hingabe zur Kunst waren fortan nicht mehr aus ihrem Leben wegzudenken. „Heute kommt es mir so vor, als hätte das Einhalten des vorgegebenen Musters der Knüpfteppiche das Maß an Aushalten von Konventionen und Vorstellungen, wie Frau sein sollte, ihr Fass zum Überlaufen gebracht“, berichtet Prei-Proxauf weiter.
„Für mich ist die Verflechtung von Kette und Schuss auch gleich der Verflechtung von Bewussten und Unbewussten. Denken und Empfinden, Erlebtem und Ersehnten, Reellem und Phantasie.“ Monika Proxauf
Freiform
Monika Proxauf webte Landschaftsbilder und Naturmotive von einzigartigem, zeitlosem Reiz. Die Form der Wandteppiche war dabei nur selten viereckig, sondern orientierte sich stets am Motiv. Gefertigt wurden die Webbilder in einer Werkstatt in Brixlegg, nach der Scheidung von Heinz 1987 in Igls. Barbara Parth beschreibt das Atelier: „An den Wänden waren Wolle, Garne, Seide und Leinen nach Farben in offenen Regalen sortiert. Im Raum stand ein Webstuhl, davor große weite Körbe mit den Materialien, mit denen aktuell gearbeitet wurde. An einem großen Tisch wurden Motive entworfen oder nach Abnahme des Werks vom Webstuhl geduldig und mühevoll die Schuss- und Kettfäden vernäht. Die Schubladen waren gefüllt mit Naturalien wie Wurzeln, Moos und Blüten zum Färben.“
Anerkennung
Mit unermüdlicher Schaffenskraft, Sorgfalt und Kreativität arbeitete Monika Proxauf an ihren Werken. Finanzieller Druck zwang die alleinstehende Künstlerin, Bilder in großen Mengen zu produzieren, auf Kunst- und Handwerksmessen auszustellen und zu verkaufen. Gleichzeitig zeigten Galerien in Österreich und darüber hinaus ihre Werke, teils neben bedeutenden Künstlern wie Friedensreich Hundertwasser und Joan Miró. 1982 wurde Monika Proxauf als Mitglied der Tiroler Künstler:innenschaft der Titel „anerkannter Künstler“ verliehen. „Ich glaube mich zu erinnern, dass sie es anmaßend fand, dass Kunst erst amtlich abgesegnet werden muss“, erzählt Prei-Proxauf. Umso mehr freut es die Töchter, ein Werk ihrer Mutter heute im Ferdinandeum ausgestellt zu sehen. Parth ergänzt: „Diese Wertschätzung nach mehr als 30 Jahren ihres Ablebens berührt mich zutiefst. Es bestätigt mir, wie wertvoll ihre Arbeiten sind.“ Am 12. Juni 2024 wäre Monika Proxauf 80 Jahre alt geworden. Ihre Arbeit „Herbst“ ist noch bis 30. Juni 2024 im Ferdinandeum zu sehen.