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Ein zerrissenes Blatt Papier gibt uns gewöhnlich keine Rätsel auf, sondern lässt allenfalls den Blick nach dem nächsten Papierkorb schweifen. Wenn es sich wie in unserem Fall aber um ein Kunstwerk des beginnenden 16. Jahrhunderts handelt, erhält es unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Wir betrauern seinen beschädigten Zustand und erkennen in den unversehrten Partien des bedruckten Blattes klassische Motive der antiken Götterwelt, genauer, der Welt des griechischen Weingottes Dionysos, den die Römer als Bacchus verehrten.

Das hier ausgestellte Bild ist voller Geheimnisse: Welcher Darstellungen wurde es, offenkundig durch einen Akt des Vandalismus, beraubt? Was fehlt? Welche Teile des Kunstwerkes werden vor unseren Blicken verborgen, was dürfen wir nach dem Willen seines Zerstörers nicht sehen?

Die beschädigte Druckgrafik ist ein Werk des Marcantonio Raimondi und zeigt die Vorderseite eines römischen, mit bacchanalischen Szenen geschmückten Sarkophages. Der Vergleich unseres Blattes mit dem heute in Neapel bewahrten Sarkophag, aber auch mit anderen, vollständig erhaltenen Abzügen, löst das Rätsel: Stein des Anstoßes bildeten offenbar zwei Darstellungen drastischen sexuellen Inhaltes.

Hatte der Zerstörer damit Erfolg, dem Kunstwerk diese Szenen zu nehmen? Oder ist es nicht vielmehr so, dass es gerade der vandalische Akt war, der uns erst recht neugierig gemacht hat auf das, was im Bild nunmehr fehlt?

Darum, solche mit der Fantasie ihrer Betrachter*innen zu füllende Leerstellen sichtbar zu machen, kreiste zeitlebens das Werk des kürzlich verstorbenen österreichischen Künstlers Hermann Nitsch. Der so genannte „Dionysos der Malerei“ erfasst in seiner hier gezeigten Arbeit das zur Abstraktion neigende „Orgien-Mysterien-Theater“ und lässt uns darin erahnen, was wir in der Fehlstelle unserer zerrissenen Grafik zu erblicken hoffen.

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