3.6.2025
5 min
Mag.a Manuela Fritz

Eine Frage des Goldes

Beim Betrachten eines historischen Kunstwerkes fällt meist gar nicht auf, wie viel Fingerspitzengefühl, Können und Expertise hinter einer professionellen Restaurierung stecken. Ein Goldrahmen beispielsweise stellt Restaurator*innen oftmals vor besondere Herausforderungen – denn Gold ist niemals einfach nur Gold. Wir haben Restauratorin Ulrike Fuchsberger-Schwab über die Schulter geschaut.

Bei jedem Besuch im Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen in Hall eröffnen sich neue faszinierende Einblicke in die Welt der Kunst, Wissenschaft, Archivierung und Restaurierung. Bei der Restaurierung ist nicht nur enormes Fingerspitzengefühl und handwerkliches Können gefragt, sondern auch viel Fachwissen in Hinblick auf Analyseverfahren, verwendete Materialien oder angewandte Technik. Restaurator*innen tragen ungemeine Verantwortung, sie legen Hand an unwiederbringliche und einzigartige Kunstschätze.

Herausforderung Gold

Restauratorin Ulrike Fuchsberger-Schwab hat erst kürzlich zum Beispiel an Josef Bachlechners d. Älteren geschnitzten Reliefs des Anderl von Rinn und der Ursula Pöck von Lienz gearbeitet. „Beides sind Leihgaben von Schloss Bruck in Lienz. Anderl geht zurück nach Osttirol, Ursula bleibt noch bis März 2026 bei uns im Volkskunstmuseum, zu sehen in der Ausstellung GERECHT? Geschichten über soziale Ungleichheiten“, erzählt Ulrike.
Zum Glück dreht sich das weitere Gespräch nicht um die grauenvollen Ritualmordlegenden, die Anderl und Ursula umgeben*. Vielmehr steht eine besondere Facette der Restaurierung im Mittelpunkt: die „Herausforderung mit dem Gold“. „Bei beiden Reliefs ist der vergoldete Rahmen an manchen Stellen abgeblättert. Gerade Goldoberflächen sind aber schwierig zu restaurieren, da Glanz und Ton je nach Blickwinkel variieren und es daher herausfordernd ist, dieselbe Nuance wie im Original zu erreichen“, weiß die Restauratorin.  

Gold ist nicht gleich Gold

Für das Relief von Anderl hat sich die Expertin für Blattgold entschieden, wie sie erzählt: „Wir arbeiten mit einer Goldfarbkarte, auf der die verschiedenen Nuancen erkennbar sind, von Feingold über Zitronen-, Grün- oder Weißgold bis hin zu Steinmetz-Hellorange-Doppelgold, Katharinen-Orangegold oder Dukaten-Doppelgold. Das Blattgold bewegt sich zwischen 23 ½ und 12 Karat – je höher der Karat-Gehalt, desto wertvoller ist natürlich auch das Blattgold.“ Aufgetragen wird Blattgold, wie in diesem Fall, auf einem Polimentgrund, also einem mit Bindemittel versehenen Erdpigment, auf dem das Blattgold haften bleibt. „Anschließend muss man das Gold mit einem Achatstein behutsam polieren. Dadurch werden die feinen, aufstehenden Schuppen des Erdpigments geglättet und das Gold kann seinen vollen Glanz entfalten“, erklärt Fuchsberger-Schwab.

Auf der Suche nach dem passenden Gold – alternative Methoden

Unterschiedliche Voraussetzungen erfordern allerdings auch unterschiedliche Methoden und Herangehensweisen. Aufgrund der stellenweise farblich unterschiedlich gealterten Goldoberfläche hat sich Ulrike daher bei der Ursula für eine Retusche mit Aquarellfarben und Muschelgold entschieden.

Der Forschergeist lässt die Restauratorin aber grundsätzlich nie in Ruhe. So versucht sie stetig, bewährte, kostspielige Methoden zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. „Momentan versuche ich aus Kreiden, Pigmenten und Bindemitteln Massen herzustellen, die auf einer hierfür präparierten Holztafel aufgetragen, Blattgold imitieren sollen. Die Herausforderung dabei ist, einen annähernd gleichen Farbton und Glanz wie beim echten Gold zu erzielen.“ Neben den kostengünstigeren Materialien wäre auch die variable Farbfindung ein Vorteil, da somit unterschiedlichste Goldtöne erreicht werden können. 

* Ritualmordlegenden um Anderl von Rinn und Ursula Pöck von Lienz: 
Hippolyt Guarinoni, Arzt am adeligen Damenstift in Hall, hat um 1620 die Legende um den getöteten Knaben Anderl von Rinn geschaffen: So soll Anderl 1462 mit nur drei Jahren in Rinn von ortsfremden Juden auf einem großen Stein im Zuge eines Rituals getötet worden sein – der Ortsteil heißt heute noch Judenstein. Die Legende hat sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gehalten und sich im judenfeindlichen Anderl-Kult geäußert. Nach mehreren Versuchen, die wissenschaftlich in keiner Weise belegbare Ritualmordlegende um Anderl abzuschaffen, gelang dies offiziell erst Bischof Reinhold Stecher im Jahr 1994.
Das Mädchen Ursula Pöck soll 1442, tot und mit vielen Stichen übersät, im Fluss bei Lienz gefunden worden sein. Als Mörder seien zwei Juden verdächtigt worden, die unter Folter die Tat „gestanden“ hätten und anschließend erhängt worden seien. Auch dieser Fall wurde als von Juden begangener Ritualmord über Jahrhunderte überliefert, allerdings wissenschaftlich nie belegt.

bemaltes Holzrelief eines betenden Mädchens
© Gerlinde Tamerl/TLM
Um Ursula Pöck von Lienz und Anderl von Rinn ranken sich grauenvolle Ritualmordlegenden.

Autorin

Mag.a Manuela Fritz

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