Jubiläumsjahr 2023 – 200 Jahre Museumsgeschichte Ferdinandeum: Teil 3
Das Ferdinandeum in der NS-Zeit. Die Bergung und Rettung seiner Museumsbestände.
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In den Kriegsjahren 1942 bis 1944 wurde der größte Teil der Museumsbestände aus dem bombengeplagten Innsbruck auf Burgen, Schlösser und Stifte in ganz Tirol verteilt. Nach Ried im Oberinntal bis Niederbreitenbach bei Kufstein, im Süden bis nach Trins im Gschnitztal wurden die Museumsschätze verbracht und so vor ihrer Zerstörung bewahrt.
Diese neue Reihe im Jubiläumsjahr 2023 zeigt ein wichtiges Kapitel der Museumsarbeit in einer herausfordernden Zeit auf und stellt die einzelnen Bergungsorte in Tirol vor.
Burgen und Schlösser von Münster bis Langkampfen dienten als weitere Bewahrungsorte während des Zweiten Weltkriegs: Schloss Matzen, Burg Lichtenwerth und Schloss Schönwörth.
Schloss Matzen
Mit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1278 gehört Schloss Matzen in Reith im Alpachtal zu den ältesten erhaltenen Burgen in Tirol. Umgebaut durch die englisch-österreichische Familie Baillie-Grohmann im 19. Jahrhundert ist das Schloss heute eine langgestreckte Anlage zwischen zwei Türmen, dem alten rechteckigen Turm im Westen und dem runden Bergfried im Osten. Die Familie Grohmann-Baillie war während ihrer Tiroler Zeit eng mit dem Museum Ferdinandeum verbunden. William Baillie-Grohmann war seit 1877 Mitglied im Museumsverein, er und sein Sohn Tom schenkten wiederholt Arbeiten dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
In der NS-Zeit, genauer am 10.9.1941, wurde der Innsbrucker Rechtsanwalt Kurt Strele als Verwalter des österreichischen Vermögensteils der Familie Baillie-Grohmann eingesetzt. Obwohl ein Teil der Plastiken der Kunstgeschichtlichen Sammlungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum ab dem Herbst 1943 auf Schloss Matzen deponiert wurde, erfolgte der Vertragsabschluss über die Anmietung des dortigen gewölbten Erdgeschoßraums, der Teeküche und des gewölbten Arkadengangs dazwischen zum Zweck der Bergung von Kulturgut unter Streles Ägide erst im Juni 1944. Die Dauer des Mietvertrages wurde für die Dauer des Krieges festgelegt und begann rückwirkend mit September 1943. Bis 1957 stand das Schloss im Eigentum der Familie Baillie-Grohmann, die es dann an den US-amerikanischen Architekten Ernest Kump verkaufte. Heute ist im Schloss ein Hotel untergebracht.
Burg Lichtenwerth
Lichtenwerth, in der Gemeinde Münster liegend, wurde im 12. Jahrhundert auf einem vom Inn umspülten Felsen als einzige echte Wasserburg in Tirol errichtet. Seit 1879 gehört die Burg den aus Südtirol stammenden Freiherrn Inama-Sternegg. Zur Familie Inama-Sternegg hat das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum eine lange Beziehung. Neben vielfachen Schenkungen an das Museum im 19. Jahrhundert waren einige Mitglieder der Familie im Museumsverein aktiv. Von 1923 bis 1931 führte Karl Inama-Sternegg als Vorstand das Museum Ferdinandeum in Innsbruck. Überlegungen hinsichtlich einer Bergung der Prähistorischen Sammlung des Ferdinandeums wurden schon im Frühjahr 1942 und erneut im Dezember 1943 angestellt. Im Jänner 1944 wurden die prähistorischen Objekte schließlich verpackt und die transportablen Gegenstände der Sammlung nach Lichtenwerth gebracht, etwas später, nach Räumung des Depots auf Schloss Ambras, kam auch ein Teil der dort lagernden Kisten mit Gläsern, Büchern etc. dorthin.
Schloss Schönwörth
Der Ansitz Schönwörth in Niederbreitenbach wurde um 1360 erbaut. 1895 erstand der Reichstagsabgeordnete Andreas Baron Dipauli von Treuheim den Besitz. 1906 wurde das Anwesen an den bayrischen Grafen Max zu Löwenstein-Scharfeneck verkauft. Weitere Besitzer folgten kurz hintereinander. 1925 kaufte dann Generalkonsul Eduard Schüssel das Schloss. In den 1930er und 40er Jahren lebte seine Tochter Mathilde Quadt-Isny auf dem Schloss. Der Ansitz Schönwörth mit seinen gewölbten und trockenen Räumen wurde im April 1943 zur Bergung bestimmt. Die Besitzerin Mathilde Quadt-Isny wurde gebeten, diese Räumlichkeiten dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum zur Verfügung zu stellen. Von Mai 1943 bis Ende 1945 waren im Schloss hauptsächlich Bibliotheksbestände des Museums – etwa 60.000 Bücher – eingelagert. Der Turm, in den die Bücher ausgelagert waren, ist aus Bachsteinen gebaut. Die Mauern sind bis zu 1,2 Meter dick. Im Oktober 1945 bei einem Bücherrücktransport ereignete sich ein Unfall in Kirchbichl, bei dem der Anhänger des Transporters über eine Böschung stürzte und ein Großteil der darin befindlichen Bücher in den Inn fiel. Mehr als 200 Bücher nahmen Schaden vor allem an den Einbänden, ein Teil ging überhaupt verlustig.
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Ferdinandeum
Autor*in
Dr.in Sonia Buchroithner
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