Jubiläumsjahr 2023 – 200 Jahre Museumsgeschichte Ferdinandeum: Teil 4
Das Ferdinandeum in der NS-Zeit. Die Bergung und Rettung seiner Museumsbestände.
In den Kriegsjahren 1942 bis 1944 wurde der größte Teil der Museumsbestände aus dem bombengeplagten Innsbruck auf Burgen, Schlösser und Stifte in ganz Tirol verteilt. Nach Ried im Oberinntal bis Niederbreitenbach bei Kufstein, im Süden bis nach Trins im Gschnitztal wurden die Museumsschätze verbracht und so vor ihrer Zerstörung bewahrt.
Diese neue Reihe im Jubiläumsjahr 2023 zeigt ein wichtiges Kapitel der Museumsarbeit in einer herausfordernden Zeit auf und stellt die einzelnen Bergungsorte in Tirol vor.
Sogar bis Ried im Oberinntal wurde Museumsgut ausgelagert. Heute besuchen wir die Schlösser Siegmundsried, Wohlgemutsheim und Fügen.
Schloss Siegmundsried
Im Laufe der Geschichte wurde das Schloss Sigmundsried in Ried im Oberinntal für viele verschiedene Aufgaben genutzt. Als Wehrturm, als Dorfburg, als Jagdschloss und bis in die 1970er Jahre als Gerichtssitz. Die erste Nennung geht auf das Jahr 1381 zurück, 1471 ging das Gebäude an den Tiroler Landesfürsten Erzherzog Sigmund den Münzreichen über, der es als Jagdschloss ausbaute. Damals entstand die Bezeichnung Sigmundsried. 1841 wurde das Schloss vom Hofärar der Habsburgermonarchie gekauft. Das Landgericht von Ried, die Arreste, sowie die Wohnungen für die Richter und den Gerichtsdiener wurden darin untergebracht. In zwei Gefängniszellen von Schloss Sigmundsried, das seit dem 19. Jahrhundert als Gerichtsstandort diente, wurden 1943 hauptsächlich Bestände der Bibliothek des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum ausgelagert. Später kamen noch Teile des Kunstgewerbebestandes (vor Glas und Porzellan) und Musikalien hinzu. Auch Inkunabeln der Universitätsbibliothek und wertvolle klösterliche Paramente wurden auf Schloss Sigmundsried geborgen. Die Rückführung mit Ausnahme der Bücher erfolgte bis Ende 1945.
Schloss Wohlgemutsheim
Das in der Ortschaft Baumkirchen im Inntal gelegene Schloss Wohlgemutsheim geht auf einen im 13. Jahrhundert errichteten Wohnturm zurück. 1474 wurde der Turm zum Schloss umgebaut und 1517 um die Schlosskapelle zur Heiligen Dreifaltigkeit erweitert. Im späten 16. Jahrhundert kaufte Erzherzog Ferdinand II. von Tirol das Schloss für seine zweite Gemahlin Anna Gonzaga, 1622 kam es in den Besitz des Damenstiftes Hall. Nachdem das Stift 1783 durch Kaiser Josef II. aufgehoben worden war, erwarb die Familie Galen Wohlgemutsheim, in deren Eigentum es bis 1959 blieb.
Das Schloss ist ein dreigeschossiger würfelförmiger Bau mit einem hohen Walmdach und besitzt schräg gestellte Eckerker, die mit der Giebelfront optisch verbunden sind. Aufgrund der Entfernung zur Stadt Innsbruck wurde Schloss Wohlgemutsheim für geeignet befunden, um private wie kirchliche Kunst- und Kulturgüter zum Schutz vor drohender Zerstörung durch Luftangriffe gegen Ende des Zweiten Weltkrieges einzulagern. Das Ferdinandeum organisierte Ende 1944 bis Frühjahr 1945 Bergungstransporte für Kunstgegenstände aus dem Theresianischen Damenstift in Innsbruck (acht Gemälde), der Propstei Innsbruck (17 Gemälde) und der dortigen Pfarre St. Jakob (24 Zunft-Vortragsstangen samt Zubehör) sowie für private Güter (Gemälde) ins Schloss. Leider liegen nur vereinzelt Informationen über die Rückbringung der Objekte vor, die vermutlich 1946 abgeschlossen war.
Schloss Fügen
Schloss Fügen, vom Tiroler Adelsgeschlecht der Fieger im 18. Jahrhundert in ein Barockschloss umgestaltet, gehörte ab 1926 als „Bubenburg“ dem Seraphischen Liebeswerk, das darin ein Knabeninternat mit Volks- und Hauptschule führte. 1939 wurde diese Institution von den Nationalsozialisten konfisziert, die dort ein Gauerziehungsheim einrichteten. 1943 wurden die Kinder nach Jagdberg bei Schlins in Vorarlberg überstellt, das Schloss nutzte man fortan für Zwecke der Erweiterten Kinderlandverschickung. Gleichzeitig wurde im Herbst selben Jahres ein großer Teil der Gemäldesammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, rund 1.300 Bilder, im Schloss deponiert. Ein weiterer Raum diente als Einlagerungsort von Objekten aus dem umfangreichen Legat des 1943 verstorbenen Innsbrucker Juweliers und Museumsausschussmitgliedes Bernhard Höfel (rund 130 Gemälde, Kleinkunstgegenstände, Bücher). Die Rückstellung der Objekte erfolgte bis Ende 1945, da die Räumlichkeiten von den Alliierten benötigt wurden. Zudem waren bereits zwei Einbrüche verübt worden. Ab 1946 diente das Schloss erneut als konfessionelles Knabenerziehungsheim (Bubenburg St. Josef 1949) des Seraphischen Liebeswerks.
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Autor*in
Dr.in Sonia Buchroithner
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